YouTube hat eingeräumt, dass es seit Monaten mithilfe künstlicher Intelligenz Videos automatisiert verändert – ohne die betroffenen Creator vorab zu informieren oder ihre Zustimmung einzuholen. Betroffen sind vor allem YouTube Shorts, wo KI-gestützte Verfahren zur Schärfung, Rauschreduzierung und Farbkorrektur eingesetzt wurden.
Für viele Nutzer fiel der Eingriff zunächst kaum auf. Doch einige der bekanntesten Musik-YouTuber, darunter Rick Beato und Rhett Shull, bemerkten subtile Artefakte: geglättete Haut, überzeichnete Details, verzerrte Körperpartien. „Es sieht nach schlechter Über-Schärfung aus, und schlimmer noch – nach etwas, das nicht mehr von mir stammt“, sagte Shull. Er warnte, das Vorgehen könne das Vertrauen seiner Community untergraben.
Die Kritik entzündete sich vor allem daran, dass YouTube ohne Rücksprache aktiv in das Werk von Urhebern eingreift. Während Google-Smartphones oder Samsung-Geräte ähnliche Verfahren transparent anbieten, wurde hier ohne Opt-in gehandelt. „Das ist ein Unterschied: Auf dem eigenen Handy entscheiden Nutzer selbst, welche Features aktiv sind“, sagte Samuel Woolley, Professor an der University of Pittsburgh.
YouTube selbst sprach von einem „Experiment“ mit klassischem Machine Learning, nicht mit generativer KI. Doch Fachleute halten die Abgrenzung für rhetorisch. „Machine Learning ist ein Teilbereich der KI – der Unterschied ist hier nicht relevant“, so Woolley. Entscheidend sei vielmehr, dass die Plattform Inhalte verändert, bevor sie überhaupt beim Publikum ankommen.
Damit reiht sich YouTube ein in eine wachsende Debatte über den schleichenden Verlust von Authentizität in digitalen Medien. Ob Netflix’ umstrittene KI-Remaster alter Sitcoms, Samsungs KI-optimierte Mondfotos oder Googles Pixel-Features wie „Best Take“ – immer häufiger zeigt Technik nicht mehr, was war, sondern was plausibel erscheint.
Die Gefahr, so Kritiker, liegt in der Erosion des Vertrauens. Wenn selbst erfolgreiche Creators nicht mehr wissen, ob ihr Gesicht, ihr Ton oder ihre Botschaft unverändert bleibt, verschwimmt die Grenze zwischen Original und Algorithmus. „Das ist ein Paradebeispiel dafür, wie KI zu einem Medium wird, das unsere Realität definiert“, warnt Woolley.