Italiens Bankensektor: UniCredit überrascht mit Übernahmeangebot

In einem bemerkenswerten Schritt hat Andrea Orcel, CEO von UniCredit, den Vorstandsvorsitzenden von Banco BPM, Massimo Tononi, mit einem unerwarteten Anruf überrascht. Am Sonntagabend informierte Orcel über die bevorstehende Ankündigung eines unaufgeforderten Übernahmeangebots in Höhe von 10,1 Milliarden Euro für die Mailänder Bank, das am Montagmorgen veröffentlicht werden sollte. Diese überraschende Initiative katapultiert Orcel ins Zentrum der Konsolidierung des italienischen Bankensektors und zeigt, dass seine Übernahmeprioritäten möglicherweise im Umbruch sind, nachdem Unicredits Vorstöße bei der deutschen Commerzbank auf erheblichen Widerstand gestoßen waren. UniCredit hat signalisiert, dass es an bevorstehenden Fusionen und Übernahmen in Italien teilnehmen möchte. Dies könnte jedoch das Bestreben der italienischen Regierung stören, durch die Verbindung von Banco BPM und Monte dei Paschi di Siena ein drittes großes Bankinstitut im Land zu etablieren. Der stellvertretende Premierminister von Italien, Matteo Salvini, hat sich bereits kritisch zu Orcels Schachzug geäußert. Er sieht darin eine mögliche Hinderung der staatlich favorisierten Fusion von BPM und MPS. Auch Italiens Finanzminister Giancarlo Giorgetti zeigte sich beunruhigt und deutete an, dass der Staat von seinen strategischen Einflussmöglichkeiten Gebrauch machen könnte, um das UniCredit-Angebot zu regulieren. Während Orcel die Regierungskritik als erwartbar bezeichnet, betont er die komplexe Natur derartiger Bankdeals. Banco BPM hat sich bisher nicht zum Übernahmeversuch geäußert. Die strategische Entscheidungskompetenz liegt nun bei BPMs Vorstand, der bereits Dienstag zu einer Sitzung zusammenkommen wird. Giuseppe Castagna, der CEO von BPM, hat das Standalone-Vorgehen der Bank stets verteidigt und hat in der Vergangenheit von einer temporären Zurückhaltung bei M&A-Aktivitäten gesprochen. Unicredits Fokusverschiebung auf BPM folgt einem stockenden Übernahmeversuch in Deutschland, wo sich die politischer Widerstand gegen ein Commerzbank-Engagement von UniCredit formierte. Orcel versichert, dass der BPM-Zug keine Auswirkungen auf die Commerzbank-Beteiligung hat. Dennoch hält er die Möglichkeit offen, das deutsche Investment vorerst ruhen zu lassen, während die Integration von BPM innerhalb eines Jahres überwiegend abgeschlossen werden könnte.