Business

Klimastreit vor Gericht: TotalEnergies verteidigt Erdgas als „Übergangsbrennstoff“

Frankreichs erste Greenwashing-Klage gegen TotalEnergies zielt auf 44 Werbeaussagen – mit Erdgas als zentralem Streitpunkt.

Eulerpool News 7. Juni 2025, 17:45

Im Mittelpunkt des Prozesses stehen 44 Werbeaussagen aus dem Jahr 2021, mit denen TotalEnergies laut Klägerseite bewusst ein falsches Bild vom ökologischen Wandel des Konzerns gezeichnet habe. Der Vorwurf: Verbrauchertäuschung durch „grünes“ Framing fossiler Energie. Die Umweltorganisationen Greenpeace, Notre Affaire à Tous und Les Amis de la Terre werfen dem französischen Öl- und Gaskonzern insbesondere vor, in seiner Rebranding-Kampagne den Eindruck erweckt zu haben, Erdgas sei ein nachhaltiger Energieträger.

Die Klage ist die erste ihrer Art in Frankreich und gilt als Präzedenzfall im europäischen Kontext. Beobachter aus Politik, Wissenschaft und Recht verfolgten am Donnerstag die Auftaktanhörung. Das Verfahren legt den Finger auf eine kritische Frage der Energiewende: Darf ein Konzern, der seine fossilen Aktivitäten jährlich um rund drei Prozent ausbaut, sich gleichzeitig als Vorreiter der „carbon neutrality“ positionieren?

TotalEnergies verteidigte sein Vorgehen mit dem Hinweis, dass zahlreiche Kommunikationsmittel nicht auf Verbraucher abzielten, sondern institutionellen Adressaten wie Investoren oder Partnern galten. Zudem handle es sich bei Erdgas um einen international anerkannten „transition fuel“, also einen temporären Brückenträger auf dem Weg zur Dekarbonisierung. Unternehmensanwältin Françoise Labrousse sagte: „Es ist falsch und konstruiert, TotalEnergies Greenwashing vorzuwerfen. Der Konzern hat nie behauptet, fossile Brennstoffe seien klimafreundlich.“

Besonders umstritten ist die Darstellung von Erdgas als „am wenigsten schädlichem fossilen Brennstoff“. Umweltjuristin Clémentine Baldon verwies auf den hohen Klimaschaden durch Methanlecks entlang der Produktions- und Lieferkette. „Die Gleichsetzung von Gas mit Erneuerbaren Energien vermittelt eine gravierend falsche Vorstellung“, so Baldon.

Der Konzern verweist dagegen auf eine Analyse von Wood Mackenzie, laut der verflüssigtes Erdgas (LNG) über einen Zeitraum von 100 Jahren eine um 60 Prozent geringere Erwärmungswirkung als Kohle entfalte. Parallel zur fossilen Expansion verfolgt TotalEnergies das Ziel, bis 2030 jährlich 100 TWh aus erneuerbaren Quellen zu erzeugen – etwa 20 Prozent des geplanten Energieportfolios.

Das Verfahren geht nun in die Hauptverhandlung. Es wird nicht nur zur Nagelprobe für TotalEnergies, sondern auch für die rechtliche Einordnung strategischer Unternehmenskommunikation im Zeitalter der Klimatransformation.

Mach die besten Investments deines Lebens

Für 2 € testen

Favoriten unserer Leser