Mit dem Abbau von mehr als zwei Dutzend Analysten vollzieht HSBC einen der tiefgreifendsten Umbauten im Research-Bereich unter den globalen Großbanken. Besonders betroffen ist Europa: Unter den Entlassenen befindet sich auch Steven Major, bislang globaler Leiter für Fixed Income Research mit Sitz in Dubai, wie mit der Angelegenheit vertraute Personen berichten.
Die Bank, traditionell mit einer der breitesten Research-Abteilungen an der Wall Street, will ihre Analysekapazitäten künftig stärker auf wachstumsstärkere Regionen ausrichten. Zwar sollen Analysten in Großbritannien und Kontinentaleuropa verbleiben, doch ihre Berichterstattung wird künftig überwiegend auf multinationale Unternehmen mit Fokus auf Asien, dem Nahen Osten und Emerging Markets beschränkt sein – also dort, wo HSBC weiterhin eine vollständige Investmentbank betreibt.
Mit der Reorganisation reagiert HSBC auf strukturelle Marktveränderungen: Infolge regulatorischer Vorgaben zur Entgelttransparenz, einem schrumpfenden Universum börsennotierter Unternehmen sowie dem Trend zu passiven Indexfonds hat sich das Umfeld für Aktienanalysen in den vergangenen Jahren deutlich verschärft. Große Investmentbanken haben ihre Analystenteams im Aktienbereich laut Bloomberg um über 30 % reduziert.
HSBC zieht nun nach – allerdings umfassender als viele Wettbewerber. Neben der Zusammenlegung von FX- und Fixed-Income-Strategien unter einem Dach wird Murat Ulgen, derzeit globaler Chefvolkswirt für Emerging Markets, interimistisch die Leitung der neu geschaffenen Makrostrategie übernehmen. Eliot Camplisson und Raj Sinha werden gemeinsam das globale Aktien-Research verantworten. Janet Henry bleibt Chefökonomin.
Seit Amtsantritt im September hat CEO Georges Elhedery tiefgreifende Strukturveränderungen angestoßen: Die Geschäftsbereiche Commercial und Investment Banking wurden verschmolzen, Einheiten in Hongkong und Großbritannien verselbstständigt, das M&A- und Equity-Capital-Markets-Geschäft in den USA und Europa weitgehend eingestellt.
Auch personell bleibt kaum ein Stein auf dem anderen. So verlässt etwa Ed Sankey, globaler Leiter Equity Capital Markets, das Institut. Greg Guyett, früher Investmentbanking-Chef, wird die Bank demnächst verlassen und zur Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung wechseln. Parallel dazu sollen verschiedene Vice-Chairman-Positionen entfallen.
Trotz der tiefen Einschnitte konnte die HSBC-Aktie in London seit Jahresbeginn über 10 % zulegen. Der Umbau soll die Bank effizienter aufstellen und Mittel aus margenschwachen Bereichen in wachstumsträchtigere Segmente umschichten. Mit erwarteten Umstrukturierungskosten von 1,8 Milliarden US-Dollar in den kommenden zwei Jahren geht Elhedery dabei ein hohes Tempo – und hohes Risiko.