AbbVie im freien Fall: Milliarden-Investition in Schizophrenie-Medikament bleibt hinter Erwartungen zurück

Pharma-Gigant AbbVie muss herben Rückschlag verkraften – neues Schizophrenie-Medikament versagt in klinischer Studie, während Konkurrenz triumphiert

12.11.2024, 16:00
Eulerpool News 12. Nov. 2024, 16:00

Die Nachricht kam wie ein Paukenschlag und ließ die Kurse von AbbVie in die Tiefe rauschen: Das neue Schizophrenie-Medikament Emraclidine, für das der US-Pharma-Riese erst letztes Jahr 8,7 Milliarden Dollar investiert hatte, blieb in einer klinischen Studie der Phase II deutlich hinter den Erwartungen zurück. Ein herber Schlag für AbbVie und seine Investoren – und ein unerwarteter Gewinn für die Konkurrenz.

Klinische Studie enttäuscht: Emraclidine ohne signifikante Wirkung

Am Montag verkündete AbbVie, dass das in der Studie getestete Medikament Emraclidine keine „statistisch signifikante Reduktion“ der psychotischen Symptome bei Schizophrenie-Patienten zeigen konnte. An der Studie nahmen 752 Patienten teil, und trotz der hohen Erwartungen blieb der Unterschied zur Placebo-Gruppe aus. Innerhalb kürzester Zeit stürzte die Aktie um mehr als 12 Prozent ab, und AbbVie verlor damit über 40 Milliarden Dollar an Marktwert – ein bitterer Moment für ein Unternehmen, das sich hohe Ziele im Bereich der Psychiatrie gesetzt hatte.

Emraclidine war der zentrale Baustein in AbbVies Strategie, nach dem Kauf von Cerevel Therapeutics für 8,7 Milliarden Dollar mit den größten Playern im Bereich der Schizophrenie-Medikamente konkurrieren zu können. Besonders ins Visier hatte AbbVie Bristol Myers Squibb (BMS) genommen, deren neues Medikament Cobenfy erst im September als bahnbrechende Therapie gegen Schizophrenie zugelassen wurde. Doch nun scheint genau dieses Ziel in weite Ferne gerückt.

Bristol Myers Squibb profitiert von AbbVies Rückschlag

Während AbbVie in Scherben liegt, kann sich BMS über wachsenden Zuspruch der Investoren freuen. Die Aktien des Pharmaunternehmens stiegen um mehr als 11 Prozent, als der Markt die Nachricht verdaute, dass Emraclidines Versagen Cobenfy zusätzlichen Aufwind verleihen könnte. Für BMS ist der Erfolg von Cobenfy nicht nur ein Triumph über AbbVie, sondern ein Signal, dass die komplexe Welt der Psychiatrie-Therapien doch noch Raum für Innovationen bieten kann. Der Marktwert von BMS stieg dadurch auf stolze 122 Milliarden Dollar.

Psychiatrie als harte Nuss für die Pharmaindustrie

Seit Jahren gilt die Psychiatrie als eines der schwierigsten und risikoreichsten Felder für die Pharmaindustrie. Die Komplexität des menschlichen Gehirns und die oft unzuverlässigen tierischen Modellversuche machen es schwer, effektive Medikamente zu entwickeln. Viele Unternehmen haben deshalb das Feld ganz aufgegeben. Die Genehmigung von Cobenfy im September hatte jedoch Hoffnungen geweckt, dass Emraclidine als nächstes bahnbrechendes Medikament für Schizophrenie eine Erfolgsgeschichte schreiben könnte.

Ein Analyst von BMO Capital Markets, Evan Seigerman, kommentierte, dass das Scheitern der Studie für AbbVie ein „schwieriges Ergebnis“ darstelle. Und obwohl ein anderes Medikament, das als Teil des Cerevel-Deals erworben wurde, in späten Studien für Parkinson-Erkrankungen erfolgreich war, würde „das heutige Ergebnis ein schlechtes Licht auf den 8,7-Milliarden-Dollar-Deal“ werfen.

Zweifel an AbbVies Strategie wachsen

Auch Analysten wie Vamil Divan von Guggenheim Securities äußerten Skepsis über die langfristige Strategie von AbbVie. Mit dem Wegfall potenzieller Einnahmen von 1,5 Milliarden Dollar durch Emraclidine bis 2033 könnte sich die Strategie als überzogen herausstellen. Zwar bleibt AbbVie bis 2029 von größeren Patentabläufen verschont, doch die Zweifel an der Fähigkeit des Unternehmens, zusätzliche Wachstumsimpulse zu setzen, nehmen zu.

AbbVies wissenschaftlicher Leiter Roopal Thakkar zeigte sich enttäuscht über das Ergebnis und betonte, dass das Unternehmen weiterhin die Daten analysieren werde, um mögliche nächste Schritte zu identifizieren. „Wir sind zuversichtlich, dass unsere innovative Pipeline weiterhin bedeutende Therapien für Patienten hervorbringen wird, und bleiben engagiert, bessere Behandlungen für Menschen mit psychiatrischen und neurologischen Erkrankungen zu finden“, so Thakkar.

Ob AbbVie diese Zuversicht in echte Erfolge verwandeln kann, bleibt abzuwarten. Währenddessen blickt die Pharma-Welt gespannt auf die nächsten Schritte der Branche in der Schizophrenie-Behandlung, bei der die Konkurrenz sich derzeit als deutlich überlegener erweist.

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