Chinas Lithiumstrategie: Verluste, Umweltkosten – und der eiserne Wille zur Selbstversorgung

27.5.2025, 12:33

Trotz Verlusten und Umweltfolgen treibt China die Lithiumförderung in Yichun als strategisches Zukunftsprojekt voran.

Eulerpool News 27. Mai 2025, 12:33

Trotz Preisverfall, Umweltproblemen und hoher Verluste läuft die Lithiumförderung im chinesischen Yichun auf Hochtouren. Der Grund: strategische Selbstversorgung. Während westliche Minen schließen oder drosseln, investieren Unternehmen wie CATL und Gotion weiter in Verarbeitungskapazitäten, auch wenn der Abbau der örtlich dominanten Lithiumquelle Lepidolith kaum wirtschaftlich ist. Entscheidend ist nicht der Gewinn, sondern die Kontrolle über einen für die Energiewende zentralen Rohstoff.

Die Benchmark-Preise für Lithium sind seit dem Hoch 2022 um rund 90 % eingebrochen. In Yichun, dem Epizentrum der chinesischen Lepidolith-Förderung, arbeiten dennoch weiter tausende Lastwagen, um das graue Erz in Raffinerien zu transportieren – auf politischen Druck hin. Die Zentralregierung setzt auf eine durchgängige Kontrolle der Wertschöpfungskette, von der Mine bis zur Batterieproduktion. Der Ertrag einzelner Glieder ist dabei zweitrangig. „Für CATL zählt das Gesamtsystem – der Gewinn kommt woanders“, sagt Adam Webb von Benchmark Mineral Intelligence.

Lepidolith gilt als zweitklassige Lithiumquelle: geringer Metallgehalt, hoher Energiebedarf, große Abfallmengen. Dennoch boomt der Abbau – nicht aus Überzeugung, sondern aus Notwendigkeit. China verfügt nur über begrenzte eigene Lithiumreserven, ist stark auf Importe aus Australien und Chile angewiesen, und steht dabei zunehmend unter geopolitischem Druck. Eigene Ressourcen zu erschließen, wird so zum strategischen Gebot.

Die Regierung in Peking fördert die Expansion gezielt. In Jiangxi, einer strukturschwachen Provinz, ist Lithium mittlerweile Wachstumsmotor. Yichuns Bürgermeister bezeichnete den Rohstoff als „wirtschaftliche Lebensader“. Die Produktionsmenge hat sich seit 2020 laut Benchmark um das Zwanzigfache erhöht und soll sich bis 2030 noch einmal verdoppeln. Höhere Volumina sollen niedrige Preise ausgleichen – koste es, was es wolle.

Dabei schlagen nicht nur die ökonomischen, sondern auch die ökologischen Kosten zu Buche. Die Aufbereitung von Lepidolith erzeugt giftige Rückstände wie Thallium. In der Region wurden mehrfach Grenzwertüberschreitungen gemessen. Die Behörden kontrollieren mittlerweile strenger, setzen auf bessere Abfalllagerung – und treiben damit die Kosten für die ohnehin defizitären Betriebe weiter nach oben.

China nimmt das in Kauf. Denn selbst wenn einzelne Minen rote Zahlen schreiben, zählt am Ende die industrielle Souveränität. Der Aufbau eines „Festungswirtschaftsmodells“, wie es Xi Jinping propagiert, duldet keine Lücken in Schlüsselbranchen. Deshalb werden selbst Nachtproduktionen gefahren, um von günstigeren Strompreisen zu profitieren, während auf Provinzebene neue Lithiumvorkommen erschlossen und Auslandsprojekte in Afrika forciert werden.

Was wie ein regionales Rohstoffprojekt aussieht, ist in Wahrheit ein geopolitischer Hebel. „Chinas Lithiumstrategie ist kein Marktprojekt“, sagt Professorin Marina Zhang aus Sydney. „Es ist ein sicherheitspolitisches Instrument – zur Absicherung der Energiewende gegen äußere Abhängigkeit.“

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