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Milliardenschwere Abfindungen belegen die tiefgreifende Umwälzung im europäischen Bankensektor
Europas Großbanken zahlten seit 2018 über 1,1 Mrd. Euro an Schlüsselpersonal – Symbol für radikale Umbauprozesse.

Europäische Großbanken haben seit 2018 mehr als 1,1 Mrd. Euro allein für die Abfindung ihrer ranghöchsten Mitarbeiter ausgegeben. Im Zentrum der Restrukturierungswellen standen insbesondere sogenannte „Material Risk Takers“ – also Mitarbeiter, die das Risikoprofil des Instituts maßgeblich beeinflussen. Eine Auswertung der Unternehmensberichte durch die Financial Times zeigt: Rund 2.100 dieser hochrangigen Banker erhielten im Schnitt 540.000 Euro Abfindung.
Den größten Anteil trugen Deutsche Bank, HSBC und Santander mit kumulierten Zahlungen von fast 850 Mio. Euro. Unter den Einzelzahlungen sticht besonders Santander hervor: 2021 überwies die Bank einem Manager 11,2 Mio. Euro – die höchste dokumentierte Abfindung. Deutsche folgte mit zwei Zahlungen von je 11 Mio. Euro in den Jahren 2018 und 2019.
Die durchschnittlich höchsten Einmalzahlungen verzeichnete jedoch ebenfalls Santander mit 780.000 Euro pro Kopf, dicht gefolgt von Société Générale und HSBC mit 737.000 bzw. 678.000 Euro.
Hinter den Zahlungen stehen tiefgreifende strategische Umbauten. Deutsche Bank startete 2019 unter CEO Christian Sewing eine umfassende Restrukturierung: Ziel war die Streichung von 18.000 Stellen, begleitet von der Aufgabe des Aktienhandelsgeschäfts. Zwar sank die Mitarbeiterzahl kurzfristig auf 83.000, lag Ende 2023 aber bereits wieder bei fast 90.000.
Besonders auffällig: Keine andere Bank hat so viele Schlüsselkräfte entlassen wie Deutsche. Mit 685 betroffenen Material Risk Takern liegt sie rund 70 Prozent über HSBC, das 400 solcher Mitarbeiter abbaute.
Auch HSBC selbst hat in mehreren Wellen tiefgreifende Restrukturierungen durchlaufen. Der ehemalige CEO Noel Quinn wollte jährlich 4,5 Mrd. US-Dollar an Kosten einsparen. Nach seinem Rücktritt kündigte Nachfolger Georges Elhedery neue Einschnitte im Investmentbanking in Europa, den USA und Großbritannien an.
Währenddessen setzte UBS – trotz vergleichsweise geringer Abfindungssummen an Schlüsselfiguren – mit insgesamt 735 Mio. US-Dollar für 5.700 Beschäftigte ein starkes Zeichen bei der Integration von Credit Suisse. Der Schnitt lag hier bei rund 129.000 Dollar pro Person.
Auch Barclays setzt regelmäßig kleinere Stellenstreichungen um. Aktuell sind rund 200 Jobs in der Investmentbank betroffen – ähnlich wie im Vorjahr.
Ein Brancheninsider bringt es auf den Punkt: „Man muss sich diese Abfindungen erst verdienen. Viele wollen raus – nur wenige schaffen es mit goldenem Handschlag.“ Die neuen Pakete seien zudem attraktiver denn je.