Während der Aktienmarkt in diesem Jahr so unruhig war wie zuletzt zu Hochzeiten der Pandemie, griffen US-Anleger verstärkt zu Exchange Traded Funds (ETFs). Seit Jahresbeginn flossen 437 Milliarden US-Dollar in diese Anlagevehikel – ein neuer Rekordwert, der auf eine ungebrochene Umschichtung von klassischen Mutual Funds hinweist. Wenn das Tempo anhält, dürfte auch 2025 ein Rekordjahr für ETF-Zuflüsse werden.
Treiber der Entwicklung sind zum einen die bekannten Vorteile der ETFs: niedrigere Gebühren, hohe Liquidität und steuerliche Effizienz. Doch der diesjährige Anstieg geht tiefer. Vor allem in Phasen erhöhter Volatilität, wie im April, nutzten Anleger Kursrückgänge gezielt als Einstiegsgelegenheit. „Wir sahen ein Kauf-zu-Verkauf-Verhältnis von fünf zu eins“, so Greg Davis, Chief Investment Officer von Vanguard.
Der Vanguard S&P 500 ETF (VOO) steht im Zentrum dieser Bewegung. Mit Zuflüssen von 65 Milliarden Dollar allein in diesem Jahr ist er auf dem Weg, seinen eigenen Rekord von 2023 zu brechen – damals flossen 116 Milliarden Dollar in den Fonds. VOO ist damit der weltweit größte ETF nach verwaltetem Vermögen. Auch der Total Stock Market ETF von Vanguard sowie das Pendant von State Street rangieren weit oben auf der Zuflussliste.
Doch nicht nur Indexprodukte dominieren. Rund 30 Prozent der diesjährigen ETF-Mittelzuflüsse entfielen laut Trackinsight auf aktiv gemanagte Fonds – obwohl diese nur knapp 10 Prozent der ETF-Branche ausmachen. Produkte wie der JPMorgan Equity Premium Income ETF, der durch Optionsstrategien Dividenden generieren und Kursschwankungen glätten soll, verzeichnen starkes Wachstum. Diese Fonds bedienen gezielt eine altersorientierte Anlagestrategie – von Branchenkennern als „Boomer Candy“ bezeichnet.
Kurzlaufende Treasury-Produkte zählen ebenfalls zu den großen Gewinnern. BlackRocks ETF auf 0-3 Monate laufende US-Staatsanleihen zog fast 17 Milliarden Dollar an. Bei einer Rendite von 4,7 Prozent auf Zwölfmonatssicht spricht das viele Anleger mit hoher Cashquote an, die sich risikolos positionieren wollen. „Man wird für’s Warten bezahlt“, sagt Todd Rosenbluth von VettaFi.
Fondsanbieter wie Fidelity und JPMorgan reagieren auf das gestiegene Interesse an aktiven ETFs mit verstärktem Produktausbau. Parallel dazu bereiten sich zahlreiche Anbieter darauf vor, bestehende Mutual Funds künftig in ETF-Strukturen anzubieten. Anträge bei der Securities and Exchange Commission (SEC) laufen bereits – ein regulatorisches grünes Licht könnte den Markt nachhaltig verändern.
Für Larry Fink, CEO von BlackRock, ist klar: Noch liegt ein Großteil der Anlegergelder in Geldmarktfonds. „11 Billionen Dollar warten auf Umschichtung“, erklärte er auf dem Saudi-US-Investmentforum in Riad. Das nächste Kapitel der ETF-Geschichte dürfte bereits begonnen haben.