Marelli beantragt Gläubigerschutz in den USA – KKR verliert Kontrolle über angeschlagenen Autozulieferer

12.6.2025, 12:12

Marelli stellt sich unter US-Gläubigerschutz – Hedgefonds drängen auf Kontrolle, strategische Käufer kämpfen um Einfluss.

Eulerpool News 12. Juni 2025, 12:12

Der japanische Automobilzulieferer Marelli hat in den USA Gläubigerschutz nach Chapter 11 beantragt, um sich inmitten massiver Liquiditätsprobleme finanziell neu aufzustellen. Der Schritt folgt auf eine monatelange Auseinandersetzung mit Kreditgebern und Investoren über die Zukunft des Konzerns, der zuletzt mit einer Schuldenlast von über 7,6 Mrd. US-Dollar kämpfte.

Hauptgläubiger ist ein Konsortium unter Führung des Hedgefonds Strategic Value Partners (SVP), das Marelli nun mit 1,1 Mrd. US-Dollar an sogenannter debtor-in-possession-Finanzierung über Wasser hält. Die Gruppe will das Unternehmen im Zuge des Verfahrens vollständig übernehmen, sofern innerhalb einer 45-tägigen Frist kein höheres Angebot eingeht.

Die Insolvenz bringt einen der komplexesten Private-Equity-Deals Japans an einen Wendepunkt: 2019 hatte KKR die Fusion von Calsonic Kansei mit der italienischen Magneti Marelli orchestriert und dafür rund 700 Mrd. Yen an Fremdkapital eingesetzt. Doch der durch Covid-19 ausgelöste Nachfrageeinbruch, gepaart mit Problemen bei Großkunden wie Nissan und Stellantis, ließ die Umsätze wegbrechen. Eine bereits 2022 durchgeführte Restrukturierung brachte nur kurzfristig Entlastung.

Der Einstieg von Distressed-Debt-Investoren wie Fortress und MBK Partners und die Verlagerung des Konflikts an US-Gerichte gelten unter Bankern in Tokio als beispiellos. Für KKR steht nicht nur Kapital, sondern auch Reputation auf dem Spiel. Der Finanzinvestor hatte in der ersten Sanierungsrunde bereits rund 2 Mrd. US-Dollar abgeschrieben und 650 Mio. US-Dollar nachgeschossen.

Während SVP seine Offerte mehrfach nachbesserte, brachte auch der indische Zulieferer Motherson im Mai ein verbindliches Übernahmeangebot ein – unterstützt von Automobilkonzernen, die Marelli als strategischen Partner sehen. Interne Schreiben, die der Financial Times vorliegen, belegen deren Interesse. Eine endgültige Entscheidung über den Eigentümerwechsel steht noch aus.

Besonders sensibel ist die Situation für die japanischen Kreditinstitute, allen voran Mizuho, die neben ihrer Rolle als Marelli-Gläubiger auch erheblich bei Nissan engagiert sind. Ein Verkauf an reine Finanzinvestoren galt als politisch brisant – doch der Druck der Kapitalmärkte wuchs zuletzt schneller als das Zeitfenster für eine industrielle Lösung.

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