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Wall Street bleibt abhängig vom Handel – Investmentbanking liefert seit 14 Quartalen unterdurchschnittlich ab
US-Großbanken erzielen weiterhin drei Viertel ihrer Wall-Street-Erträge aus Handel, nicht aus Investmentbanking.

Der Abstand zwischen Handel und Investmentbanking bei den führenden US-Banken vergrößert sich weiter. Für das zweite Quartal erwarten Analysten bei JPMorgan Chase, Bank of America, Citigroup, Goldman Sachs und Morgan Stanley erneut Handelserlöse von rund 31 Milliarden US-Dollar – das wäre mehr als das Dreifache der Einnahmen aus dem Investmentbanking, die laut Konsensdaten von Bloomberg auf lediglich 7,5 Milliarden Dollar fallen dürften.
Damit bliebe der Anteil des Investmentbankings an den gesamten Wall-Street-Umsätzen der fünf Häuser zum 14. Mal in Folge unter 25 Prozent. Eine derart lange Durststrecke hat es seit mindestens 2014 nicht mehr gegeben. In Summe bestreiten die fünf Institute seit über drei Jahren mehr als drei Viertel ihrer Wall-Street-Erträge aus Handelsaktivitäten.
Während der Handel von Zinsschwankungen, geopolitischen Krisen und protektionistischen Tendenzen profitiert, kämpft das Investmentbanking weiter mit der Zurückhaltung bei M&A-Transaktionen und schwachen Kapitalmärkten. Das Platzen der Pandemie-Bubble 2021 hat die Aktivität nachhaltig gedrückt. Laut Chris Kotowski von Oppenheimer & Co. dürfte 2025 für das klassische Investmentbanking im Wesentlichen bereits abgeschrieben sein: „Vielleicht gibt es im Herbst einen starken IPO-Quartalsschub, aber das M&A-Geschäft wird sich nur durch bereits angekündigte Deals entwickeln.“
Die Ertragskraft des Handelsgeschäfts ist bemerkenswert stabil geblieben. Während das Jahrzehnt niedriger Zinsen und geringer Volatilität in den 2010er-Jahren die Erträge dämpfte, erleben Banken heute ein normales Marktumfeld, wie Kotowski betont. Gleichzeitig warnen Analysten wie Saul Martinez von HSBC davor, weiteres signifikantes Wachstum im Handel vorauszusetzen: „Das Niveau ist bereits außergewöhnlich hoch.“
Bemerkenswert bleibt, dass Investoren Umsätze aus dem Investmentbanking traditionell höher bewerten – sie gelten als margenstärker und weniger kapitalintensiv. Trotz der schwachen Entwicklung spekuliert der Markt weiter auf eine Erholung: Die Aktie von Goldman Sachs hat kürzlich erstmals die Marke von 700 Dollar überschritten.
Die Quartalsberichte beginnen am 15. Juli mit JPMorgan und Citi. Einen Tag später folgen Bank of America, Goldman Sachs und Morgan Stanley. Gemeinsam mit Wells Fargo repräsentieren sie die sechs größten US-Banken nach Bilanzsumme. Der Nettogewinn dieser Gruppe wird im Schnitt um rund 13 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurückgehen. Den stärksten Rückgang erwarten Analysten bei JPMorgan, das im Vorjahresquartal einen einmaligen Gewinn von 8 Milliarden Dollar aus seiner Beteiligung an Visa verbucht hatte.