SAP hat sein globales Ziel, den Frauenanteil konzernweit auf 40 Prozent zu steigern, offiziell aufgegeben. In einer internen Mitteilung vom Freitag kündigte der Softwarekonzern eine Abkehr von der bisherigen Diversitätsstrategie an. Statt globaler Quoten will SAP künftig „differenziert auf lokaler Ebene“ messen – eine Kehrtwende, die auf der virtuellen Hauptversammlung am Dienstag auf scharfe Kritik stieß.
Für Aktionäre wie die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) ist diese Entscheidung mehr als eine Detailfrage der Personalpolitik. „Wer Vielfalt opfert, verliert nicht nur Talente, sondern auch Glaubwürdigkeit“, mahnte DSW-Geschäftsführerin Christiane Hölz. Sie wies zudem auf konkrete geschäftliche Risiken hin: etwa eine mögliche Auslistung aus Nachhaltigkeitsindizes, die ESG-Kriterien voraussetzen.
Tatsächlich verschwindet das Thema Vielfalt nicht nur aus dem internen Reporting: Auch in der Vorstandsvergütung ist die Erfüllung von Diversitätszielen künftig kein Faktor mehr. Stattdessen setzt SAP auf den „Business Health Culture Index“ – ein Stimmungsbarometer, das auf internen Mitarbeiterbefragungen basiert.
Christian Klein, CEO von SAP, verteidigte die Neuausrichtung: Ein international tätiger Konzern müsse sich an unterschiedlichste gesetzliche Anforderungen halten. Persönliche Überzeugungen hätten da mitunter das Nachsehen. Gleichzeitig versprach er, dass das Unternehmen seine Programme zu Vielfalt und Inklusion weiterentwickeln werde – blieb jedoch konkrete Pläne schuldig.
Kritik kam auch vom Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. Sprecher Markus Dufner warf SAP Opportunismus vor und warnte vor Reputationsverlust. „Befürchten Sie nicht, dass Ihre bisherige Glaubwürdigkeit leidet?“, fragte er – mit Blick auf den abrupten Kurswechsel.
SAP verweist derweil auf freiwillige Initiativen: Personalvorständin Gina Vargiu-Breuer hob hervor, dass mehr als 30.000 Mitarbeitende sich in sogenannten Employee Network Groups engagierten, darunter „Pride@SAP“ und das „Autism Inclusion Network“. Vielfalt werde tagtäglich gelebt – ganz unabhängig von Quoten.
Für die Konzernführung ist der rechtliche Rahmen der Maßstab. Vargiu-Breuer betonte, dass SAP „interne und externe Rechtsberater“ hinzugezogen habe, um internationale Anforderungen zu prüfen. Die Botschaft: Gesetzestreue gehe vor Symbolpolitik.
Trotz der Kontroverse stimmten die Aktionäre dem Vorstand mit großer Mehrheit zu – alle Anträge wurden angenommen. Der Unmut über die neue Diversitätslinie blieb dennoch deutlich vernehmbar.