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VPN-Boom in Großbritannien untergräbt neue Altersverifikationspflicht für Online-Inhalte

Großbritanniens Altersverifikation führt zu massivem VPN-Boom – und stellt die Wirksamkeit der neuen Online-Regeln infrage.

Eulerpool News 29. Juli 2025, 08:00

Seit Inkrafttreten der neuen Altersverifikationspflicht im Vereinigten Königreich verzeichnen Anbieter von Virtual Private Networks (VPN) einen sprunghaften Anstieg der Nachfrage. Die Maßnahme, die den Zugang Minderjähriger zu pornografischen oder anderweitig als schädlich eingestuften Inhalten unterbinden soll, wird damit bereits in der ersten Woche faktisch ausgehebelt.

Proton VPN, ein Anbieter aus der Schweiz, meldete einen Anstieg der täglichen Anmeldungen aus dem Vereinigten Königreich um 1.800 Prozent. NordVPN, ein weiterer großer Anbieter, spricht von einer Verzehnfachung der britischen Verkäufe. In Apples App-Store belegten am Wochenende VPN-Dienste fünf der zehn Spitzenplätze unter den kostenlosen Anwendungen. Proton VPN stieß ChatGPT vom Spitzenplatz.

Die neuen Vorschriften sind Teil des britischen Online Safety Act, der Tech-Plattformen verpflichtet, durch Altersprüfungen sicherzustellen, dass Kinder unter 18 Jahren keinen Zugang zu expliziten Inhalten erhalten. Regulierer Ofcom hat mit der Durchsetzung der Regeln begonnen und warnt bei Verstößen vor Bußgeldern in Höhe von bis zu 18 Mio. Pfund oder 10 Prozent des globalen Umsatzes eines Unternehmens.

Doch viele Nutzer umgehen die Kontrollen durch VPN-Dienste, die den Standort ihrer Geräte virtuell ins Ausland verlegen. Was ursprünglich für den sicheren Zugang zu Unternehmensnetzwerken oder Streaming-Diensten gedacht war, wird nun eingesetzt, um staatliche Regulierungen zu umgehen — eine Praxis, wie man sie eher aus autoritären Staaten kennt.

Laut Daten von Google Trends schnellte das Suchinteresse nach VPNs in Großbritannien am Wochenende um das Zehnfache in die Höhe. Auch Social-Media-Plattformen wie X, Reddit und TikTok haben inzwischen Altersverifikationsmechanismen eingeführt, um den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen.

Tech-Unternehmer Anthony Rose, Mitentwickler der BBC iPlayer-Plattform, kritisierte die Regelungen scharf: „Das ist, was passiert, wenn Leute, die keine Ahnung von Technologie haben, Gesetze machen.“ Ein VPN zu installieren, dauere weniger als fünf Minuten, so Rose.

Ofcom selbst räumt ein, dass die Maßnahmen nicht „narrensicher“ seien. Ähnlich wie beim Alkoholverkauf gebe es immer Wege für „entschlossene Jugendliche“, sich Zugang zu verschaffen. Dennoch bleibe die Altersprüfung ein zentraler Baustein der Online-Sicherheitsstrategie, sagte Ofcom-Direktor Oliver Griffiths.

Politischer Widerstand formiert sich ebenfalls: Eine Petition gegen das Gesetz hat bereits über 280.000 Unterschriften gesammelt, wobei der Großteil in der vergangenen Woche einging. Das übertrifft deutlich die Schwelle von 100.000 Signaturen, ab der das Parlament eine Debatte in Betracht ziehen muss.

Trotz wachsender Kritik betont Technologie-Staatssekretär Peter Kyle, dass an den Regeln nicht gerüttelt werde — auch nicht im Rahmen anstehender digitaler Handelsgespräche mit den USA. Die Regierung fordere von Plattformen eine aktive Umsetzung der Vorschriften, inklusive der Unterbindung von Inhalten, die Minderjährigen das Umgehen der Altersprüfung erleichtern könnten.

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