Wer beim 1,8 Billionen US-Dollar schweren norwegischen Staatsfonds keine künstliche Intelligenz nutzt, wird künftig weder befördert noch eingestellt. CEO Nicolai Tangen stellt intern wie extern unmissverständlich klar: Der Einsatz von KI ist keine Option, sondern Voraussetzung – und Teil einer aggressiven Effizienzstrategie, die den weltgrößten Staatsfonds dauerhaft wettbewerbsfähig halten soll.
Bereits 300 der rund 670 Mitarbeitenden schreiben eigenen Code – mit KI-Hilfe. Rund 40 „AI Ambassadors“ treiben den Kulturwandel voran, flankiert von einem sechsköpfigen „AI Enabler“-Team. In Schulungen, Podcasts und auf Konferenzen wirbt Tangen persönlich für den Wandel. „Man muss die Organisation von allen Seiten attackieren“, sagt er.
Der bisherige Output gibt ihm recht: Eine interne Befragung ergab für 2023 einen Effizienzanstieg von 15 Prozent. Für 2025 rechnet Tangen mit weiteren 20 Prozent. Besonders im Handel und Research erzielt die Integration von Tools wie Claude, Copilot, OpenAI Deep Research, Perplexity oder Google AI bereits messbare Zeitgewinne. Tägliche Marktanalysen in 16 Sprachen, früher ein mehrtägiger Aufwand, erledigt das System heute in Minuten.
Tangen glaubt, dass der Fonds mit diesem Vorsprung einen strategischen Hebel hat: „Wenn wir gegen Firmen antreten, die keine KI nutzen, sind wir 50 Prozent voraus. Die holen uns nie mehr ein.“ Analysten in ihrer klassischen Rolle sieht er ohnehin am Ende: „KI analysiert schneller, präziser – wir treffen bessere Entscheidungen.“
Doch es gibt klare Leitplanken. Das Mandat, vergeben vom norwegischen Parlament, verpflichtet zu Transparenz und menschlicher Kontrolle. „Kein eigenständiger Handel durch KI, kein Einsatz in Auswahlprozessen, kein Input sensibler Daten“, so Tangen. Jeder von der KI generierte Code wird vor dem Einsatz durch zwei Personen geprüft.
Als technologisch ausgerichteter Großanleger – rund 1,5 Prozent aller börsennotierten Aktien weltweit gehören zum Portfolio – nutzt der Fonds KI auch bei seiner bekannten Stimmrechtsstrategie. Beispiel: Tesla. Die Entscheidung gegen Elon Musks Rekordvergütung wurde durch ein KI-gestütztes Modell vorbereitet, das Vergütungsdokumente mit Fondsrichtlinien und historischer Abstimmungspraxis abgleicht.
Während die Belegschaft teils noch zögert, kündigt Tangen bereits nächste Schritte an. Künftig werden nur noch technologieaffine Mitarbeitende eingestellt. Die gewonnene Zeit sollen sie nutzen, um „besser zu denken“ und „hochwertigere Entscheidungen zu treffen“. Denn wer nicht mithält, hat im neuen Selbstverständnis des Fonds schlicht keinen Platz mehr.