Amazon bereitet ein weiteres milliardenschweres Investment in das KI-Start-up Anthropic vor. Nach bisherigen Einlagen von rund 8 Mrd. US-Dollar plant der Cloud- und E-Commerce-Konzern laut mit dem Vorgang vertrauten Personen, seine Beteiligung deutlich zu erhöhen. Der Schritt unterstreicht die strategische Bedeutung der Zusammenarbeit, die sich für beide Seiten zu einem Eckpfeiler der jeweiligen KI-Strategie entwickelt hat.
Bereits heute zählt Amazon zu den größten Anteilseignern von Anthropic, einem Unternehmen mit einer Bewertung von zuletzt 61,5 Mrd. US-Dollar. Das Engagement ist dabei nicht nur finanziell motiviert: Der Techkonzern baut in Indiana eines der größten Rechenzentrumscluster der Welt – „Project Rainier“ –, das mit 2,2 Gigawatt Strombedarf selbst die ambitionierten Pläne von Oracle für OpenAI übertrifft. Insgesamt beläuft sich Amazons Investitionsvolumen in der Region mittlerweile auf über 20 Mrd. US-Dollar.
Anthropic nutzt die hauseigenen Trainium2-Chips von Amazon zur Entwicklung großer Sprachmodelle, darunter die Claude-Modellreihe, die bereits in Alexa+ und Prime Video integriert ist. Im Gegenzug positioniert sich Amazon als bevorzugter Cloud- und Trainingspartner des Unternehmens – eine Rolle, die Google trotz einer eigenen Beteiligung in Höhe von etwa 14 % bislang nicht in gleichem Maße erfüllt.
Die engere Verzahnung hat auch strategische Hintergründe: Anthropic wurde von ehemaligen OpenAI-Mitarbeitern gegründet, die sich bewusst für eine Public Benefit Corporation entschieden – ein Modell, das Investoren Rechte auf Eigenkapital, aber keine Stimmenanteile einräumt. Dadurch soll die Unabhängigkeit des Unternehmens gesichert werden. Im Vergleich zur stark reglementierten Beteiligungsstruktur bei OpenAI sehen Amazon-Manager hierin einen robusteren und langfristig stabileren Rahmen.
Gleichzeitig birgt die enge Kooperation auch Risiken. Microsofts 14-Mrd.-Dollar-Allianz mit OpenAI hat zwar technologische Vorteile gebracht, ist jedoch durch strukturelle Spannungen belastet. Amazon setzt stattdessen auf eine Mischung aus Infrastrukturdominanz, technischer Integration und schrittweiser Kapitalbindung – etwa durch Wandelanleihen, von denen bisher nur ein Teil in Aktien umgewandelt wurde.
Während Google seine eigene Gemini-Modellreihe fokussiert, hat sich Amazon klar für ein partnerschaftliches Modell mit Anthropic entschieden – unterstützt durch gezielte Verkäufe von Claude-Modellen an Cloudkunden. Laut einem Investor sei Amazons Vertrieb hier „deutlich präsenter“ als der von Google.
Die beiden Unternehmen diskutieren bereits weitere Standorte für neue Rechenzentren, um die Rechenleistung für künftige Modelle sicherzustellen. AWS-Vizepräsident David Brown formulierte es so: „Das Ziel ist es, dem Bedarf der Kunden immer weit voraus zu sein – wir schaffen die Illusion unbegrenzter Kapazität.“