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JBS wagt US-Börsendebüt – Milliardenumsätze treffen auf Altlasten und Investorenkritik
JBS setzt mit US-Listing auf globale Reichweite, kämpft jedoch weiter mit Altlasten, Governance-Fragen und Umweltkritik.

Mit einem direkten Listing an der New Yorker Börse hat der weltgrößte Fleischverarbeiter JBS einen entscheidenden Schritt zur Internationalisierung vollzogen – ohne Banken, ohne Roadshow, aber mit einem klaren Ziel: sich als US-Konzern zu etablieren. Der Markteintritt in den USA erfolgt inmitten robuster Geschäftszahlen, wachsender Umweltkritik und anhaltender Zweifel an der Governance.
Am Freitag begann der Handel der JBS-Aktien an der NYSE unter dem Tickerkürzel JBS bei einem Startkurs von 13,65 US-Dollar. Bis Handelsschluss legte der Kurs knapp 2 Prozent zu – trotz schwächerer Gesamtmärkte. Vorausgegangen war der freiwillige Rückzug von der Börse in São Paulo, wo die Aktie fast zwei Jahrzehnte notiert war. Die Notierung in Brasilien erfolgt künftig in Form sogenannter BDRs (Brazilian Depositary Receipts).
Mit dem Schritt will JBS laut Finanzchef Guilherme Cavalcanti die Kapitalkosten senken und den Zugang zu internationalen Investoren verbessern. Kapital beschafft das Unternehmen durch das Listing nicht. „Wir machen hier nur Bürokratie – warum sollten wir dafür Banken bezahlen?“, sagte Cavalcanti gegenüber dem Wall Street Journal.
JBS erwirtschaftete 2024 einen Jahresumsatz von knapp 80 Mrd. US-Dollar, wovon mehr als die Hälfte aus Nordamerika stammt. Der Nettogewinn lag bei rund 2 Mrd. Dollar – ein deutlicher Turnaround im Vergleich zum Vorjahr. In den USA ist das Unternehmen Marktführer bei Rindfleisch, zweitgrößter Anbieter von Schweinefleisch und Mehrheitseigentümer von Pilgrim’s Pride, dem zweitgrößten Hühnchenproduzenten des Landes.
Doch der Börsengang ist nicht frei von Kontroversen. Die Muttergesellschaft J&F Investimentos, kontrolliert von den Brüdern Wesley und Joesley Batista, hatte 2017 Bestechungszahlungen in Höhe von 150 Mio. Dollar an brasilianische Politiker eingeräumt. Beide saßen deshalb mehrere Monate in Haft. Auch wenn J&F 2020 einen Vergleich mit US-Behörden schloss, meiden Großbanken wie Goldman Sachs, JPMorgan und Morgan Stanley nach wie vor Geschäfte mit dem Konzern.
Zusätzlich sorgt die Umweltbilanz des Konzerns für Kritik. NGOs werfen JBS vor, zur Entwaldung des Amazonas beizutragen – was das Unternehmen bestreitet. Eine parteiübergreifende Gruppe von US-Senatoren hatte die SEC aufgefordert, das Listing kritisch zu prüfen. Beratungsfirmen wie Glass Lewis und ISS empfahlen zuletzt, gegen die US-Notierung zu stimmen – unter anderem wegen der hohen Stimmrechtskonzentration bei J&F, das künftig rund 85 Prozent der Stimmrechte halten dürfte.
Ungeachtet dieser Widerstände erhielt JBS im Frühjahr die SEC-Zulassung und holte sich im Mai grünes Licht von seinen Aktionären. CEO Gilberto Tomazoni spricht von einem „neuen Kapitel in der Unternehmensgeschichte“. In der Tat: Mit 280.000 Mitarbeitern weltweit, einer aggressiven Wachstumsstrategie und einem Marktauftritt, der amerikanischer kaum wirken könnte, markiert dieser Börsengang einen strategischen Wendepunkt.