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Prime Day als Katalysator: Wie Amazon über den Warenkorb hinaus Gewinne maximiert

Prime Day dient nicht dem Abverkauf, sondern dem strategischen Ausbau von Amazons margenstarken Plattform- und Servicemodellen.

Eulerpool News 12. Juli 2025, 17:28

Rund 13,4 Milliarden Dollar an Bruttowarenwert in nur 48 Stunden: Das war die Bilanz des letztjährigen Prime Days, ein Plus von 10 Prozent gegenüber 2023. Doch wer den Erfolg allein an diesen Verkaufszahlen misst, greift zu kurz. Amazon nutzt das Event längst nicht mehr primär zur Entlastung der Lager – es geht um viel mehr.

In diesem Jahr wird der Prime Day über vier Tage gestreckt. Ein direkter Vergleich mit den Vorjahren wird dadurch erschwert. Gleichzeitig wächst der Druck: Konsumenten sind zurückhaltender, Händler wegen hoher Zölle weniger rabattfreudig, und Wettbewerber wie Walmart setzen verstärkt Gegenakzente.

Entscheidend ist jedoch nicht der kurzfristige Umsatzschub im Onlinehandel, der 2024 zwar 39 Prozent von Amazons Gesamtumsatz ausmachen dürfte, aber mit einer geschätzten operativen Marge von nur 5,4 Prozent kaum Rendite bringt. Die eigentlichen Profite fließen aus den Folgeeffekten. Prime Day ist vor allem ein Türöffner in Amazons wachstumsstärkste Geschäftsfelder.

Mehr als 300 Millionen zahlende Prime-Mitglieder erhalten exklusiven Zugang zu Angeboten, kostenlosem Versand und digitalen Zusatzleistungen. Das Ziel: Kundenbindung und Plattformverweildauer. Wer einmal im Ökosystem ist, konsumiert auch Streaming-Inhalte, nutzt Alexa oder bestellt häufiger – jeder Klick liefert wertvolle Daten für das lukrative Werbegeschäft.

Die Werbesparte gilt mit geschätzten 55 Prozent operativer Marge als Margenparadies. Marken zahlen für Sichtbarkeit auf einer der traffic-stärksten Handelsplattformen des Jahres. Je mehr Nutzer Amazon mobilisiert, desto präziser lassen sich Werbeanzeigen zuschneiden – ein Geschäftsmodell mit eingebautem Wachstumshebel.

Parallel steigt die Zahl der Drittanbieter. Sie verantworten mittlerweile 60 Prozent des Handelsvolumens und zahlen Gebühren für Lagerhaltung, Versand und Fulfillment – ein Segment, das mit 156 Milliarden Dollar Umsatz im Vorjahr längst Amazons zweitgrößte Einnahmequelle ist.

Im Hintergrund wirkt jedoch ein noch größeres Zahnrad: Amazon Web Services (AWS). Mit fast 60 Prozent des operativen Gewinns ist der Cloud-Dienst das eigentliche Rückgrat des Konzerns. Schätzungen zufolge wird AWS dieses Jahr 126 Milliarden Dollar umsetzen. Bewertet mit dem gleichen Multiple wie Microsofts Cloud-Geschäft, ergibt das einen Unternehmenswert von 1,4 Billionen Dollar – mehr als die Hälfte von Amazons Gesamtwert.

Kurzum: Prime Day ist nicht das Ziel, sondern das Werkzeug. Ein Event, das weniger durch Rabatte beeindruckt als durch seine Fähigkeit, das digitale Imperium Amazon weiter auszubauen.

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