Gesetz zur Korruptionsbekämpfung in der Ukraine sorgt für Spannungen

In der Ukraine hat Semen Krywonos, der Leiter des Nationalen Antikorruptionsbüros, Bedenken geäußert über die drohende Gefährdung der Unabhängigkeit von Antikorruptionsbehörden. Anlass seiner Warnung ist ein kürzlich verabschiedetes Gesetz, das essentielle Organe wie das Nationale Antikorruptionsbüro (NABU) und die Spezialiserte Antikorruptionsstaatsanwaltschaft (SAP) in eine potenzielle Abhängigkeit versetzt. Trotz der eindringlichen Bitte von Krywonos an Präsident Wolodymyr Selenskyj, das Gesetz nicht zu ratifizieren, unterzeichnete dieser es dennoch. Die Entscheidung des Präsidenten, das Gesetz zu unterzeichnen, traf auf Widerstand. Am selben Abend versammelten sich Hunderte von Demonstranten in Kiew, um ihrer Unzufriedenheit Ausdruck zu verleihen. Auch in anderen großen Städten wie Lwiw, Odessa und Dnipro kam es zu Protestaktionen. Die Kritiker des Gesetzes fürchten um die Zukunft der Korruptionsbekämpfung in der Ukraine und unterstellen Selenskyj autoritäre Tendenzen. Ein Sprecher der EU-Kommission äußerte in diesem Zusammenhang Besorgnis angesichts der jüngsten Entwicklungen, da NABU und SAP als Säulen der Reformbemühungen in der Ukraine angesehen werden. Die EU betont die Notwendigkeit der Unabhängigkeit dieser Institutionen und erinnert an die erhebliche finanzielle Unterstützung, die von Fortschritten in Transparenz und Rechtsstaatlichkeit abhängig ist. Auch die EU-Erweiterungskommissarin Marta Kos mahnte die Bedeutung der Rechtsstaatlichkeit an. Zuletzt ging der ukrainische Geheimdienst SBU gegen Mitarbeiter des NABU vor, was international auf Zurückhaltung traf. Julia Timoschenko, ehemalige Ministerpräsidentin, hingegen begrüßte das neue Gesetz als einen Schritt zur Unabhängigkeit von ausländischen Einflüssen, ein Thema, das seit dem prowestlichen Umsturz von 2014 besonders präsent ist. Dennoch bleibt die Ukraine gemäß der Einschätzung von Transparency International weiterhin eines der korruptesten Länder Europas.