Italien fordert Klarheit von den USA im Fall Pirelli

Die italienische Regierung sucht dringend Klarheit vonseiten der USA, nachdem Bedenken aufgekommen sind, dass Washington inländische Beschränkungen gegen den Reifenhersteller Pirelli aufgrund seines chinesischen Investors verhängen könnte. Dies berichteten mit der Angelegenheit vertraute Quellen gegenüber Reuters. Die zuvor nicht berichtete Beteiligung italienischer Beamter an Gesprächen mit US-amerikanischen Kollegen kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die USA Schritte unternehmen, um den Verkauf von Autos mit bestimmten chinesischen Technologien zu beschränken. Im Mittelpunkt des Konflikts stehen die chinesischen und italienischen Anteilseigner von Pirelli, die um die Kontrolle der Unternehmensführung ringen. Sinochem, der chinesische Staatskonzern, ist mit 37 % der größte Anteilseigner, während das von dem italienischen Unternehmer Marco Tronchetti Provera geführte Camfin 27,4 % der Anteile hält. Für Pirelli und Camfin stellt Sinochems Einfluss ein Risiko für die Expansionspläne in den USA dar. Die US-Regierung plant künftig ein Verbot wesentlicher Software und Hardware von chinesisch kontrollierten Unternehmen in vernetzten Fahrzeugen. Während Softwareeinschränkungen bereits mit dem Modelljahr 2027 in Kraft treten, sollen die Hardwarebeschränkungen ab 2029 gelten. Die italienische Regierung bemüht sich, Klarheit darüber zu erlangen, ob und in welchem Umfang Pirelli von diesen Gesetzen betroffen sein könnte und unterstützt die Verhandlungen von Pirelli mit Washington aktiv. Premierministerin Giorgia Meloni und Pirelli lehnten eine Stellungnahme ab. Derweil stammen über 20 % des Umsatzes von Pirelli aus Nordamerika, bei den Hochpreisprodukten sind es sogar 40 %. Sinochems Beteiligung könnte im Fokus Washingtons stehen, da Pirelli Technologie entwickelt hat, mit deren Hilfe Daten von sogenannten Cyber Tyres in Echtzeit an das Fahrzeug übertragen werden können. Tronchetti Provera hat bereits die italienische Regierung dazu aufgefordert, die chinesische Einflussnahme auf Pirelli weiter zu begrenzen, indem die 2023 durch die "goldene Macht"-Regeln Roms zum Schutz strategischer Vermögenswerte auf Sinochem angewendet werden. Bisher ist Melonis Regierung diesen Forderungen jedoch nicht nachgekommen. Am Donnerstag hält Pirelli eine Hauptversammlung ab, um seinen Finanzbericht 2024 zu genehmigen, dem einige Sinochem-Vertreter im Vorstand nicht zustimmen. Im vergangenen Monat bezeichnete das chinesische Unternehmen einen von Pirelli vorgelegten Vorschlag zur Lösung des Governance-Problems als „ernsthaft unfair“, während Camfin darauf hinwies, dass Sinochems Ansatz zu einer Spaltung des nach wie vor bestehenden Aktionärspakts zwischen den beiden größten Investoren führen könnte.