Staualarm: Deutschlands Pendler im engen Verkehrskorsett

Autofahrten in Deutschland werden zunehmend zur Geduldsprobe. Laut einer aktuellen Analyse des Verkehrsdatenunternehmens Inrix standen Pendler im vergangenen Jahr durchschnittlich 43 Stunden im Stau – eine Steigerung von drei Stunden gegenüber dem Vorjahr. In Düsseldorf erreicht der Zeitverlust ein Rekordhoch von 60 Stunden, was einen Zuwachs von beachtlichen 22 Prozent bedeutet. Inrix, bekannt für den Verkauf von Verkehrsanalysen an Verwaltungen und Unternehmen, hat für diese Auswertung anonyme Daten von Mobiltelefonen und Fahrzeugen einbezogen. Das unangefochtene Schlusslicht im Städteranking bildet jetzt Düsseldorf, gefolgt von Berlin und Stuttgart mit jeweils 58 Stunden sowie Köln und München mit 56 bzw. 55 Stunden Stillstand. Auch eine Untersuchung des Kartierungsspezialisten TomTom zeigt eine ähnliche Entwicklung. Demnach ist die Durchschnittsgeschwindigkeit in 23 von 29 analysierten Städten gesunken. Einen Lichtblick bieten in diesem Zusammenhang lediglich vier Städte, in denen sich der Verkehrsfluss verbessert hat. Die Ursachen für das Verkehrschaos sind vielschichtig. Neben der pandemiebedingten Rückkehr vieler Angestellten an die Arbeitsstätten gelten insbesondere die zahlreichen Baustellen als Hauptursache. Allein auf deutschen Autobahnen gibt es über 500 Baustellen mit einer durchschnittlichen Dauer von 505 Tagen, so die Autobahn GmbH. Diese Zahl ist angestiegen durch komplexere Bauvorhaben wie Brückenmodernisierungen. Da der öffentliche Personennahverkehr aufgrund von Unzuverlässigkeit als Alternative ausfällt, sitzen viele Pendler weiterhin im Auto fest. "Zuviele Fahrzeuge gleichzeitig unterwegs" ist die einfache Erklärung einer ADAC-Sprecherin für die zunehmende Stauzeit. Auch im internationalen Vergleich, wo Istanbul mit 105 Stunden die Spitze bildet, verlieren deutsche Pendler relativ weniger Zeit. Zur Entspannung der Lage plädieren Experten wie Michael Schreckenberg von der Universität Duisburg-Essen für ein effizienteres Baustellenmanagement und langfristige Infrastrukturplanung. Auch eine Verkehrsverlagerung auf die Schiene könnte Lösungspotential bieten, jedoch ist auch dieses Netz in Deutschland renovierungsbedürftig.