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Norwegen startet milliardenschweres CCS-Projekt – erste CO₂-Fracht unter der Nordsee wird im August verpresst

Norwegen startet großangelegtes CCS-Projekt, bei dem Industrieemissionen per Schiff zur CO₂-Verpressung in die Nordsee gelangen.

Eulerpool News 18. Juni 2025, 14:04

Mit dem weltweit bislang größten industriellen Carbon-Capture-and-Storage-Projekt (CCS) hat Norwegen den nächsten Schritt in seiner Dekarbonisierungsstrategie begonnen. Der Zementhersteller Heidelberg Materials lieferte in diesem Monat erstmals CO₂ per Schiff aus seinem Werk im südnorwegischen Brevik. Im August soll das Treibhausgas vom Konsortium Northern Lights – bestehend aus Equinor, Shell und TotalEnergies – in geologische Lagerstätten unter der Nordsee eingepresst werden.

Das „Longship“-Projekt kostet in der Anfangsphase rund 34 Milliarden norwegische Kronen (ca. 3,4 Milliarden US-Dollar), wovon der norwegische Staat mit 22 Milliarden Kronen mehr als zwei Drittel übernimmt. Damit sollen bis zu fünf Millionen Tonnen CO₂ unter dem Meeresboden gespeichert werden – ein Bruchteil der über 2,5 Milliarden Tonnen, die die globale Zementindustrie jährlich verursacht.

Heidelberg-Chef Dominik von Achten betonte, das Projekt wäre ohne staatliche Unterstützung nicht realisierbar gewesen. Die Markteinführung des zementbasierten, aber klimafreundlicheren Produkts „evoZero“ sei zwar geplant, jedoch nur mit einem Aufschlag („Green Premium“) durchsetzbar – dessen Höhe bleibt unklar. Man habe sogar erwogen, das Produkt nicht mehr als Zement zu vermarkten.

In der Brevik-Anlage sollen jährlich 400.000 Tonnen CO₂ abgeschieden werden. Ab 2029 kommt eine Müllverbrennungsanlage in Oslo hinzu, die weitere 350.000 Tonnen beitragen soll. Norwegens Regierung genehmigte am Dienstag die zweite Ausbaustufe des Projekts, die die Speicherkapazität von 1,5 auf 5 Millionen Tonnen pro Jahr erhöhen wird.

Energieminister Terje Aasland sagte beim Start: „Die grüne Transformation ist nicht einfach, aber möglich.“ Die Industrie benötige anfangs massive Förderung, perspektivisch könne ein hoher CO₂-Preis im EU-Emissionshandel jedoch die Wirtschaftlichkeit sicherstellen – möglicherweise in 10 bis 15 Jahren.

Während Norwegen als reiches Erdölexportland und mit dem größten Staatsfonds der Welt solche Projekte finanziell stemmen kann, fehlt anderen Ländern oft die fiskalische Schlagkraft. In der Schweiz erklärte Energieminister Albert Rösti CCS für „zu teuer“ und als letzte Option im Klimaplan. Dennoch würdigte er Norwegens Vorstoß: „Es ist keine Theorie mehr – Norwegen handelt.“

Die EU hofft nun, dass Equinor und Partner grenzüberschreitende CO₂-Pipelines entwickeln, um Emissionen von kontinentaleuropäischen Industrieanlagen künftig kostengünstig in die Nordsee zu transportieren. Europa war zuletzt bei grünen Schlüsseltechnologien – etwa bei Batterien – ins Hintertreffen geraten. Ein prominentes Beispiel: Die Insolvenz von Northvolt in Schweden.

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