Goldman Sachs hat angesichts zunehmender Marktturbulenzen seine Risikobereitschaft deutlich reduziert. Präsident und COO John Waldron bestätigte in einem unternehmenseigenen Podcast, dass die Investmentbank nach dem überraschenden, flächendeckenden Zollvorstoß von US-Präsident Donald Trump Anfang April ihre Positionierung am Markt vorsichtiger ausgerichtet habe: „Das ist in der aktuellen Lage eine sinnvolle Maßnahme.“
Besonders spürbar sei die Zurückhaltung im Kapitalmarktgeschäft sowie im Bereich Client Trading Facilitation, wo Marktvolatilität unmittelbar auf das Risikomanagement durchschlage. Waldron betonte, man wolle die eigene Liquidität stärken und die Bilanz robuster aufstellen – statt offensiv Chancen zu suchen, werde man „zweibeinig agieren, nicht übermäßig vorwärtsgewandt“.
Im Gespräch mit der Financial Times erklärte Waldron, er rechne nicht mit einer Rezession, wohl aber mit einer Phase der „Slowflation“ – ein Mix aus niedrigem Wachstum von rund 1 bis 1,5 Prozent und einer stabilen Inflation um die 3 Prozent. Diese Entwicklung sei „weniger schädlich“ als die Stagflation der 1970er-Jahre.
Gleichzeitig warnte Waldron – im Einklang mit anderen Wall-Street-Größen wie Jamie Dimon und Larry Fink – vor den langfristigen Risiken ausufernder US-Staatsdefizite. Die angekündigten Steuersenkungen könnten das Defizit um weitere 2,4 Billionen Dollar erhöhen und die Attraktivität von US-Staatsanleihen unterminieren. „Die Defizite erreichen ein Niveau, das man als nicht nachhaltig bezeichnen muss“, sagte Waldron. Das sei auch für den Bondmarkt ein zentrales Thema.
Im ersten Quartal 2025 hatten Goldman Sachs und Wettbewerber noch von hoher Handelsaktivität im Aktien- und Anleihebereich profitiert, ausgelöst durch Trumps scharfe Handelspolitik. Doch die daraus resultierende Unsicherheit habe Unternehmen veranlasst, Investitionen und Übernahmen auf Eis zu legen, was sich in rückläufigen Beratungshonoraren und Emissionserträgen niederschlage.
Zwar erkenne man nun leichte Erholungstendenzen – etwa durch eine Zunahme von Börsengängen in den USA – doch bleibe die Großwetterlage für Finanzinstitute herausfordernd. Kunden begännen, ihre Allokationen in US-Assets vorsichtig zu überdenken und Engagements in Dollarpositionen abzusichern. „Noch ist das eine marginale Bewegung, aber sie könnte sich verstärken, falls die Politik weiter für Verunsicherung sorgt“, so Waldron.