Die Ukraine darf westliche Waffen künftig ohne geografische Einschränkungen einsetzen – auch gegen Ziele tief in Russland. Bundeskanzler Friedrich Merz bestätigte am Dienstag in Turku, dass mehrere Verbündete ihre bisherigen Reichweitenbegrenzungen aufgehoben haben. „Die Ukraine hat das Recht, sich mit den gelieferten Waffen auch jenseits ihrer eigenen Grenze zu verteidigen“, sagte Merz.

Mit dieser Aussage besiegelt Merz eine sicherheitspolitische Kehrtwende. Noch unter Olaf Scholz war der Waffeneinsatz auf russisches Gebiet strikt limitiert, etwa auf Ziele nahe der Frontlinie bei Charkiw. Nun spricht Merz von einem grundsätzlichen Paradigmenwechsel: „Es gibt keine Reichweitenbeschränkungen mehr für Waffen aus Deutschland, Großbritannien, Frankreich oder den USA.“

Deutschland hat bereits Systeme wie den MARS II-Raketenwerfer und Panzerhaubitzen 2000 geliefert. Der MARS II erreicht Ziele in bis zu 84 Kilometern Entfernung – eine Reichweite, die bisher nicht ohne weiteres Richtung russisches Territorium freigegeben war. Auch andere westliche Staaten hatten ihre Restriktionen in den vergangenen Monaten stillschweigend gelockert. Die USA genehmigten die Stationierung von ATACMS-Raketen in Grenzregionen, Großbritannien lieferte Storm-Shadow-Marschflugkörper mit Langstreckenpotenzial.

Im Raum steht weiterhin die Lieferung der deutschen Taurus-Marschflugkörper. Diese könnten mit ihrer Reichweite von 500 Kilometern strategisch bedeutsame Ziele bis Moskau treffen. Während Merz sich im Wahlkampf grundsätzlich offen zeigte, hält sich seine Regierung nun bedeckt: „Kein Kommentar zu konkreten Waffensystemen“, heißt es aus dem Kanzleramt.

Dass die Ukraine jetzt offener agieren kann, ist auch Ausdruck einer neuen europäischen Linie im Umgang mit Russland. Während Wladimir Putin eine diplomatische Initiative der USA mit Maximalforderungen blockiert, erhöhen Deutschland und seine Partner den militärischen Druck – nicht mehr nur an der Front, sondern auch in der Tiefe russischen Territoriums.