Finanzunternehmen wie Kreditkartenherausgeber, Banken und Zahlungsdienstleister besitzen riesige Mengen an Kundendaten. Immer häufiger suchen sie nach Wegen, diese sensiblen Informationen zu monetarisieren. Konzerne wie PayPal, Chase US und Revolut arbeiten zunehmend mit Werbepartnern zusammen, um sogenannte „transaktionsgestützte“ Marketingkampagnen anzubieten.
Durch die Nutzung von Finanzdaten, die aus Einkäufen, Zahlungsgewohnheiten und finanziellen Transaktionen ihrer Kunden gewonnen werden, können Unternehmen gezielte Werbung platzieren, die auf die individuellen Bedürfnisse und Interessen der Verbraucher zugeschnitten ist. Diese Form des Marketings soll nicht nur die Effizienz von Werbekampagnen erhöhen, sondern auch zu neuen Einnahmequellen für die Finanzinstitute führen. So plant etwa PayPal, auf Basis der Kaufhistorie personalisierte Empfehlungen in seinem Netzwerk anzuzeigen, während Revolut bereits erste Kampagnen in Zusammenarbeit mit Werbepartnern pilotiert.
Doch der zunehmende Einsatz von Kundendaten für Marketingzwecke trifft auf wachsende Skepsis seitens der Verbraucher. Laut einer aktuellen Studie des Marktforschungsunternehmens Kantar geben 64 Prozent der befragten Bankkunden in Europa an, dass sie Bedenken hinsichtlich der Nutzung ihrer persönlichen Informationen durch Finanzunternehmen haben. Gleichzeitig sind immer mehr Verbraucher bereit, ihre Rechte in Anspruch zu nehmen und sich über die Datennutzung zu informieren.
In Großbritannien beispielsweise haben Kunden die Möglichkeit, gemäß dem Data Protection Act von ihren Banken Auskunft über die Verwendung und Speicherung ihrer Daten zu verlangen. Dies führt zu einem steigenden Aufkommen sogenannter „Subject Access Requests“ – Anfragen, bei denen Kunden Kopien ihrer gespeicherten Daten anfordern und sich über deren Nutzung informieren lassen. Diese Anfragen geben Verbrauchern ein Instrument an die Hand, um die Aktivitäten der Finanzinstitute zu überprüfen und gegebenenfalls Maßnahmen zu ergreifen, wenn eine unzulässige Verwendung ihrer Daten festgestellt wird.
Die Bereitschaft der Unternehmen, ihre Werbeaktivitäten auf Grundlage von Finanzdaten auszubauen, könnte jedoch das Vertrauen der Kunden weiter belasten. „Viele Verbraucher sehen Finanzinstitute als besonders vertrauenswürdige Akteure, was den Umgang mit sensiblen Informationen angeht. Diese Erwartungshaltung könnte durch den vermehrten Einsatz personalisierter Werbung enttäuscht werden“, erklärt Jennifer Harris, Expertin für Datenschutzrecht bei PwC.
Vor diesem Hintergrund steht die Branche vor einem schwierigen Balanceakt: Einerseits versuchen die Institute, das Potenzial der Daten zu erschließen, um angesichts steigender Konkurrenz durch Tech-Unternehmen zusätzliche Einnahmen zu generieren. Andererseits laufen sie Gefahr, die Kundenbeziehung zu beschädigen und regulatorische Auflagen zu verletzen, wenn sie die Erwartungen der Verbraucher an den Datenschutz nicht erfüllen.
Der Einsatz von transaktionsgestütztem Marketing ist dabei besonders heikel, weil die Kundendaten sehr detaillierte Informationen über persönliche Vorlieben und finanzielle Verhältnisse offenbaren können. Unternehmen wie Chase US und PayPal haben daher bereits erste Maßnahmen ergriffen, um die Transparenz zu erhöhen und den Verbrauchern mehr Kontrolle über ihre Daten zu geben, etwa durch spezielle Opt-out-Möglichkeiten.
Das Thema wird auch bei Regulierungsbehörden zunehmend kritisch beobachtet. So prüfen die britische Financial Conduct Authority (FCA) und die Europäische Datenschutzbehörde (EDPB) derzeit, ob die bestehenden Datenschutzregelungen ausreichen, um die Interessen der Verbraucher zu schützen und die Datennutzung durch Finanzinstitute angemessen zu regulieren. Der Druck auf die Branche wächst.